Trade Republic hat in den letzten Jahren die Finanzwelt aufgemischt. Innerhalb eines Jahrzehnts hat sich der Berliner Neobroker von einer kleinen Innovation zu einem dominierenden Player in Europa entwickelt. Mit beeindruckenden Zahlen von mittlerweile 8 Millionen Kunden und einem verwalteten Vermögen von über 100 Milliarden Euro steht das Unternehmen im Rampenlicht. Doch hinter der schillernden Fassade verbergen sich komplexe Fragen: Wie solide ist dieses Wachstum? Und welche Herausforderungen lauern?
Beeindruckendes Wachstum oder clevere Zahlen?
Trade Republics Kundenwachstum liest sich wie eine Erfolgsstory aus dem Lehrbuch. Von nur 100.000 Kunden im Jahr 2019 hat sich die Zahl bis Ende 2024 auf 8 Millionen gesteigert – darunter 5,3 Millionen allein in Deutschland. Zum Vergleich: Der Fintech-Rivale N26 kommt auf insgesamt 4,8 Millionen Kunden, während der etablierte Broker flatexDEGIRO nur auf 3,07 Millionen kommt. Doch was bedeutet „Kunde“ bei Trade Republic? Ist es der Download der App, die erste Einzahlung, oder eine andere Definition? Ohne Klarheit bleibt die Vergleichbarkeit schwierig, aber die Wachstumsraten sind ohne Frage beeindruckend.
Die Zahlen zum verwalteten Vermögen stützen diesen Erfolg: Mit über 100 Milliarden Euro hat Trade Republic 2024 eine Steigerung um zwei Drittel verzeichnet. Interessant: Rund 80 % davon sind in ETF-Sparplänen investiert – dem Kerngeschäft des Unternehmens. Die restlichen 20 % entfallen auf Tagesgeldkonten, die durch attraktive Zinsen von 3 % p.a. (Stand: Januar 2025) bei Kunden punkten.
Neue Produkte: Wachstumstreiber oder Marketingtrick?
Das Wachstum von Trade Republic wird durch innovative Produkte vorangetrieben. Besonders hervorzuheben ist die Verzinsung von Guthaben, die aktuell dem EZB-Leitzins entspricht. Auch die Anfang 2024 eingeführte kostenlose Bezahlkarte wurde bereits von über 2 Millionen Kunden genutzt. In Kombination mit dem neuen Girokonto, das 2025 zu einem echten Wachstumstreiber werden könnte, stellt sich Trade Republic als mehr als nur ein Broker dar – nämlich als Plattform für die gesamte Finanzverwaltung. Auch startete mit Ende 2024 das Girokonto in Deutschland.
Doch auch hier gibt es Herausforderungen.
Die Herausforderungen und Probleme: Kundenservice und regulatorische Risiken
Trotz aller Innovationen bleibt ein Bereich ein großes Problem: der Kundenservice. Die Beschwerden über schlechte Erreichbarkeit und langsame Reaktionen häufen sich. Der Verzicht auf einen telefonischen Support und die ausschließliche Kommunikation über E-Mail und Chat stößt vielen Kunden sauer auf. Gerade in einer Branche, in der Vertrauen essenziell ist, stellt dies ein erhebliches Risiko dar.
Hinzu kommen regulatorische Herausforderungen. Das geplante Verbot von „Payment for Order Flow“ (PFOF) durch die EU bis 2026 bedroht ein Drittel der Einnahmen von Trade Republic. Während Konkurrenten wie Scalable Capital bereits eigene Handelsplätze entwickeln, hat Trade Republic hierzu noch keine klare Strategie veröffentlicht. Die Frage bleibt: Wie will das Unternehmen diesen Verlust kompensieren? Durch Kartenzahlungen geht es auf alle Fälle mal nicht.
Konkurrenz und internationale Expansion
Im Vergleich zur Konkurrenz hebt sich Trade Republic weiterhin deutlich ab. Das Unternehmen ist inzwischen in 17 europäischen Märkten aktiv und bietet in Frankreich sogar provisionsfreie Sparpläne für den staatlich geförderten „Plan d’Épargne en Actions“ (PEA) an. Diese Expansion ist beeindruckend, doch sie bringt auch neue Herausforderungen. Auch in Österreich ist die Steuereinfachheit geplant, wenn auch sie schon lange angekündigt und bislang noch immer nicht umgesetzt wurde.
Fazit: Eine Erfolgsgeschichte mit Fragezeichen
Trade Republic hat sich als Vorreiter im Bereich digitaler Finanzdienstleistungen etabliert. Mit beeindruckendem Wachstum, innovativen Produkten und einer starken Marktpräsenz ist das Unternehmen auf dem besten Weg, den Finanzmarkt nachhaltig zu prägen. Doch die Herausforderungen sind nicht zu unterschätzen: Regulierungsänderungen, schlechter Kundenservice und die Erwartungen der internationalen Kunden stellen große Hürden dar.
Ob Trade Republic diese meistern kann, wird sich zeigen. Eines ist jedoch sicher: Der Neobroker hat den Markt aufgerüttelt – und die Konkurrenz unter Druck gesetzt. Die kommenden Jahre werden entscheiden, ob Trade Republic sich langfristig als dominanter Player behaupten kann oder ob der steile Aufstieg eine kurze Episode bleibt.
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